Leadership in der Krise: Warum Familienunternehmer jetzt gegen den Strom schwimmen müssen

Am Anfang steht… die Bestandsaufnahme

Es lief schon mal besser mit der Wirtschaft in Deutschland… das ist wahrscheinlich unbestritten. Trotzdem muss man das Kind mal beim Namen nennen und eine Analyse durchführen bevor man die Herausforderung angehen kann. Hierzu ein paar Zahlen, Daten und Fakten:

  1. Deutschland in der Rezession: Nach zwei Jahren des wirtschaftlichen Schrumpfens, sieht es auch mit der Prognose für 2025, mit einem marginalem Wachstum von 0,1%, eher düster aus.
  2. Hohe Energiekosten: Die Preise für Strom, Gas und Wasser sind weiterhin hoch und sorgen für anhaltend hohe Produktionskosten. Daneben beeinträchtigt es die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie.
  3. Bürokratische Hürden: Ständig neue Regulierungen, bürokratische Prozesse und Mehraufwand für deutsche Unternehmen. Dies erschwert Investitionen und hemmt Innovationen.
  4. Fachkräftemangel: Aufgrund des demografischen Wandels, der Abwanderung deutscher Fachkräfte ins Ausland und trotz Zuwanderung in Millionenhöhe, fehlt es weiterhin an qualifiziertem Fachpersonal.
  5. Hohe Unternehmenssteuern: Deutschland ist Spitzenreiter in Sachen Besteuerung von heimischen Unternehmen. Im Schnitt 30% zahlen Kapitalgesellschaften im Jahr auf ihre Umsätze. So viel, wie in kaum einem anderen europäischen Land.
  6. Schwacher Konsum: die leicht gestiegenen Reallöhne, konnten bislang nicht dazu führen, dass die Bürger privat mehr für Konsum ausgeben. Im Gegenteil – es wird eher mehr gespart.
  7. Rückgang der Industrieproduktion: Bei den Schlüsselindustrien, wie z.B. der Autoindustrie, sind deutliche Produktionsrückgänge festzustellen. Strukturelle Probleme und internationale Konkurrenz sind hier ein Erklärungsversuch.
  8. Demografischer Wandel: Wie oben bereits erwähnt, spielt auch das Altern der Bevölkerung eine große Rolle für die Wirtschaft. Mehr Rentner, bedeuten eine große Belastung für die Sozialsysteme bei gleichzeitigem Mangel an Erwerbstätigen, die in diese Systeme einzahlen.
  9. Unsicherheit in der Energiepolitik: Die Energiewende und die in diesem Zusammenhang getroffenen politischen Entscheidungen verunsichern Unternehmen, vor allem in Hinblick auf zukünftige Preisentwicklungen und die Verfügbarkeit der Energie.
  10. Politische Instabilität: Politische Uneinigkeit und das daraus resultierende langsame Tempo in Entscheidungsprozessen, gepaart mit gesellschaftlichen Spannungen, führen zu einer Verunsicherung (auch) bei Unternehmen.

Diese Liste ließe sich leider noch verlängern, stehen Unternehmen doch neben all diesen aktuellen Herausforderungen, auch ganz alltäglichen gegenüber. Doch soll es hier nicht darum gehen, den Mut des Unternehmers gleich im Kern zu ersticken, sondern vielmehr dazu motivieren und inspirieren, Verantwortung für sich selbst und das eigene Familienunternehmen zu übernehmen und zu handeln. Unternehmen brauchen Führung, nicht Verwaltung. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied, auf den wir gleich noch genauer eingehen werden. Eine Empfehlung möchten wir Ihnen sofort mit an die Hand geben:

Wer jetzt abwartet, verliert – nur wer handelt, kann gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Leadership = lead the ship

Als Führungskraft, sei es als Gesellschafter oder Fremdgeschäftsführer, tragen Sie die Verantwortung für Ihre Mitarbeiter. Und diese erwarten von Ihnen, dass Sie sich dieser bewusst sind und entsprechend handeln. Umgekehrt, erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern, dass sie sich ebenfalls verantwortungsvoll dem Unternehmen gegenüber geben. Sie stehen in einer Abhängigkeit zueinander. Trotzdem kann es nur einen Captain geben, eine Person die das Ruder in die Hand nimmt und das Schiff durch den Sturm lenkt. Das erfordert Mut. Mut zu gestalten und auch mal neue Wege zu gehen.

Eine Veränderung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass Sie alte Werte und Traditionen über Bord werfen sollen oder müssen. Beides kann Hand in Hand gehen. Werte und Traditionen bilden das Grundgerüst für unser aller Handeln. Meist sind wir mit ihnen aufgewachsen, haben Sie von unseren Eltern übernommen, oder sie selbst im Laufe unseres Lebens eingeführt, weil sie uns, wie ein Kompass, durch unbekanntes Terrain zum Ziel geführt haben.

Verlässt man sich jedoch immer nur auf diesen einen Wegweiser, wird man nie vom vorhandenen Pfad abweichen, egal was kommt. Hier kommt die Veränderung ins Spiel, das Neu Denken.

Gegen den Strom: Unkonventionelle Wege gehen

Manchmal braucht es einfach einen Perspektivwechsel, um auf die eine, zündende Idee zu kommen, um aus der Herausforderung einen Erfolg zu machen. Oft hilft auch ein kleiner Schritt in die Distanz, um einen „klaren Kopf“ zu bekommen und ein Problem aus etwas Entfernung zu betrachten. Hin und wieder, bringt nur der Sprung ins kalte Wasser die Erkenntnis, ob ein Plan das Potenzial hat zu gelingen. Am besten lässt sich das an ein paar Beispielen zeigen:

Der US Postal Service

Man mag von President Donald Trump und seinem Kabinett halten was man will, doch den Mut unkonventionelle Wege zu gehen, und Dinge aus einer vollkommen anderen Perspektive zu betrachten, das haben sie.

Der U.S. Postal Service, die amerkanische Post, kostet den U.S. Steuerzahler viel Geld jedes Jahr. Zu viel für Trump. Er gab seinem Handelsminister, Howard Lutnick, die Anweisung sich etwas zu überlegen. Einen Tag später hatte Lutnick bereits eine Idee. Wie wäre es, wenn man die alle 10 Jahre stattfindende Zensus-Befragung, für die jedes Mal über 600.000 Mitarbeiter eingestellt, bezahlt, und auf Kosten des Staates durch das ganze Land geschickt werden mussten, einfach an die Zuständigkeit der Post vergeben würde? Beim Postal Service arbeiten hunderttausende von Postboten, die sowieso schon jeden Tag an die Bürger die Post liefern. Es wäre also ein leichtes, beim Besuch an der Haustür kurz zu zählen, wie viele Personen mit im Haus leben. Das gleiche könnte man für eine Reihe von anderen Diensten machen, für die aktuell noch andere Abteilungen oder Ämter zuständig sind. Mit diesem Vorschlag könnte die U.S. Regierung, laut Lutnick, rund 4 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.

Das klingt natürlich radikal und bislang ist es nur eine Idee. Doch oft ist genau dieses Umdenken, der Schlüssel zum Erfolg.

Der Fall Netflix

Seinen Beginn hatte der heutige Streaming-Riese im Bereich des DVD-Verleihhandels. Ähnlich wie Videotheken, konnte man bei Netflix damals Filme ausleihen und sie sich per Post zuschicken lassen. Während die Konkurrenz, wie Blockbuster, noch lange auf dieses physische Angebot setzten, ging Netflix im Jahre 2007 neue Wege. Man sah die Zukunft in der Streaming-Technologie und investierte viel Geld darin. In Zeiten von langsamen Internetgeschwindigkeiten eine echtes Risikogeschäft. Aus heutiger Sicht natürlich absolut die richtige Entscheidung. Interessanterweise blieb es nicht bei dieser einen großen Kehrtwende bei Netflix. Ab dem Jahr 2013 fing man an eigene Filme zu produzieren und diese dann exklusiv für das eigene Publikum zu vermarkten. Eine der ersten großen Serienerfolge von Netflix war „House of Cards“. Viele weitere sind bis heute gefolgt. Auch international stellt(e) sich der Streaming-Anbieter immer breiter auf und feierte besonders mit Lokalserien wie „Dark“ (Deutschland) oder „La Casa del Papel“ (Spanien), riesige Erfolge.

Warum hat sich das gelohnt?
– Heute hat Netflix über 200 Millionen Abonnenten weltweit und dominiert das Streaming-Geschäft.
– Blockbuster, das den Wandel verpasste, ging 2010 bankrott.
– Netflix hat nicht nur eine neue Industrie geschaffen, sondern auch das gesamte TV- und Filmgeschäft revolutioniert.

Ohne den Mut, sein eigenes Geschäftsmodell komplett neu zu denken, wäre Netflix wohl nie über den DVD-Verleih hinausgekommen – und längst Geschichte.

Perspektiven bieten – für Mitarbeiter und das Unternehmen

Doch woher kommen großartige Ideen, andere Perspektiven und die Kreativität neu zu denken? 
Im besten Falle direkt aus Ihrem Familienunternehmen.

Dies erfordert eine kontinuierliche Zusammenarbeit und einen regen Austausch zwischen allen Beteiligten – den Gesellschaftern, Führungskräften, Mitarbeitern und natürlich der Unternehmerfamilie. Nur bei einem offenen, ehrlichen und vertrauenswürdigen Umgang miteinander, ist es möglich gemeinsam neue Wege auszuloten und zu gehen. Wie könnte sowas konkret aussehen?

  1. Transparente Kommunikation: Mitarbeiter akzeptieren Veränderungen eher, wenn sie die Hintergründe verstehen. Unternehmen sollten deshalb frühzeitig und offen erläutern warum ein Wandel nötig ist. Damit sollen Fragen beantwortet werden, wie:
    • Warum ist die Veränderung notwendig? Erklären Sie die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Herausforderungen klar und verständlich.
    • Welche Chancen ergeben sich daraus? Zeigen Sie auf, wie die Transformation das Unternehmen langfristig stärkt – und was das für jeden Einzelnen bedeutet.
    • Welche Rolle spielt jeder Einzelne? Mitarbeiter wollen wissen, wie sie konkret zum Erfolg beitragen können. Wer ihre Fähigkeiten gezielt einbindet, steigert die Identifikation mit dem Veränderungsprozess.
  2. Partizipation als Erfolgsfaktor: Ein Wandel, der von oben diktiert wird, wird nicht gut angenommen. Wer sein Team jedoch aktiv in die Gestaltung der Veränderung einbindet, schafft Vertrauen und Motivation. Möglichkeiten dafür sind:
    • Workshops und Feedback-Runden: Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Gelegenheit, Ideen und Bedenken zu äußern.
    • Pilotprojekte: Testen Sie Neuerungen in kleinen Teams, um Akzeptanz und Machbarkeit zu prüfen.
    • Mentoring und Weiterbildung: Wer seine Mitarbeiter auf neue Herausforderungen vorbereitet, nimmt ihnen die Angst vor Veränderungen und stärkt ihre Kompetenzen.
  3. Engagement durch Mitgestaltung: Menschen identifizieren sich stärker mit Veränderungen, wenn sie das Gefühl haben, gehört zu werden und selbst Einfluss nehmen zu können. Unternehmen, die echte Mitgestaltung ermöglichen, profitieren von höherer Motivation, besserer Zusammenarbeit und einer positiven Unternehmenskultur – selbst in schwierigen Zeiten.

Fazit und Handlungsimpulse

Leadership bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – gerade in der Krise. Wer als Unternehmer untätig bleibt und nur auf bessere Zeiten hofft, überlässt sein Unternehmen den äußeren Umständen. Wer jedoch aktiv steuert, kann auch in schwierigen Zeiten neue Chancen schaffen, sein Unternehmen zukunftsfähig aufstellen und seinen Mitarbeitern Sicherheit bieten.

Drei konkrete Schritte für die Zukunftsfähigkeit Ihres Familienunternehmens

  1. Klarheit und Entschlossenheit zeigen
    • Analysieren Sie die Lage realistisch, aber lösungsorientiert.
    • Definieren Sie eine klare Richtung für Ihr Unternehmen.
    • Kommunizieren Sie Ihre Strategie offen und überzeugend.
  2. Innovation und Anpassungsfähigkeit fördern
    • Prüfen Sie neue Geschäftsfelder oder alternative Geschäftsmodelle.
    • Setzen Sie auf Digitalisierung und Automatisierung zur Effizienzsteigerung.
    • Fördern Sie eine Unternehmenskultur, die Veränderungen als Chance begreift.
  3. Mitarbeiter einbinden und motivieren
    • Fördern Sie Transparenz und regelmäßigen Austausch.
    • Binden Sie Ihre Teams aktiv in Entscheidungsprozesse ein.
    • Investieren Sie in Weiterbildung, um Ihre Mitarbeiter fit für den Wandel zu machen.

Warum Familienunternehmen die besseren Krisenmanager sein können

Familienunternehmen haben gegenüber Konzernen einen entscheidenden Vorteil: Sie denken langfristig. Während börsennotierte Unternehmen oft kurzfristig auf Quartalsergebnisse reagieren müssen, können Familienunternehmen nachhaltiger planen. Zudem zeichnen sie sich durch eine starke Wertebasis, hohe Flexibilität und eine enge Bindung zu ihren Mitarbeitern aus – alles Faktoren, die gerade in Krisenzeiten einen Unterschied machen.

Wer jetzt mutig handelt, Chancen erkennt und sein Team mitnimmt, kann gestärkt aus der Krise hervorgehen. Krise bedeutet Veränderung – und Veränderung ist eine Führungsaufgabe.

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Quellen:

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