
19.05.2025 - Allgemein
Mitten in der Pandemie übernehmen die Geschwister Alicia und Nicolas Lindner das Naturkosmetikunternehmen Börlind. Im Interview mit Silke Fußbahn, Associate Partner bei Rochus Mummert, sprechen die Geschwister über Führung, Übernehmen und Loslassen.
Sie führen das Familienunternehmen Börlind als Geschwister gemeinsam. Wie kam es dazu?
ALICIA LINDNER (AL): Mein Bruder und ich sind mit Börlind groß geworden. Unser Herz hängt an unserem Familienunternehmen und wir teilen von Kindesbeinen an die Liebe zur Naturkosmetik. Es war somit ein logischer und komplett intrinsischer Prozess, dass wir unsere Ausbildung auf die spätere Übernahme des Unternehmens ausgerichtet und zugeschnitten haben.
Wie haben Sie sich als Führungsduo aufgestellt?
NICOLAS LINDNER (NL): Wir haben uns vorab sehr offen über die Aufteilung unterhalten. Uns war wichtig, dass es eine klare Trennung im operativen Business gibt, dass jeder von uns finale Entscheidungen im jeweiligen Bereich treffen kann. Natürlich schließt das nicht aus, dass wir uns gegenseitig beraten und auch die großen zentralen Fragen gemeinsam entscheiden.
Sie sind bereits seit über zwei Jahren gemeinsam an der Spitze. Wie haben Sie die ersten Monate erlebt?
AL: Wir hatten tatsächlich einen besonderen gemeinsamen Start, da wir das Unternehmen von unserem Vater am 1. Januar 2020 offiziell übernommen haben. Bekanntlich hat kurze Zeit später die Corona-Pandemie begonnen. Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand: Was passiert morgen? Wir konnten und mussten also einen eigenen Masterplan erstellen und uns auf uns selbst verlassen. Ich bin stolz, dass die Übergabe – selbst in dieser wirklich unsicheren und herausfordernden Zeit – sehr gut funktioniert hat.
Was war Ihre persönliche Überlebensstrategie?
NL: Für uns war klar: In dieser Situation stecken wir als Gesellschaft und als Unternehmen gemeinsam, also bewältigen wir sie auch gemeinsam. Unsere Haltung: maximale Transparenz, klare Kommunikation, dass auch wir auf Sicht fahren und auf den Input und die Kreativität unserer Mitarbeitenden angewiesen sind. Unsere IT hat im Akkord die Hardwareausstattung bereitgestellt und wir hatten das Glück, dass Software wie Microsoft Teams
bereits implementiert war. So konnten wir den neuen Herausforderungen sehr schnell und agil begegnen.
Für uns war klar, dass wir unseren Vater mit unseren neuen Ideen zunächst würden überzeugen müssen.“ Nicolas Lindner
Ältere Mitarbeitende kennen Sie seit Kindesbeinen an. Hat das Ihren Einstieg verändert?
NL: Ich denke, ich kann für uns beide sprechen, wenn ich sage, dass wir mit den zunehmenden Aufgaben ins Unternehmen hineingewachsen sind. Zunächst gab es viele Ad-hoc-Aufgaben, die schnell bewältigt werden mussten. Wir haben im Rahmen eines Traineeprogramms alle Teams und Abteilungen kennengelernt, waren viel mit dem Außendienst unterwegs und kamen so auch in Kontakt mit unseren Kunden und externen Partnern. Bei meinem Einstieg war gerade ein großer Bedarf in der Marketingabteilung. Heute würde ich sagen, dass meine Schwester aufgrund ihres fachlichen Backgrounds für diese Themen prädestiniert ist, aber sie war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht im Unternehmen. Also bin ich da reingesprungen und die Abteilung ist bis heute bei mir geblieben.
Gehen Sie und Ihr Vater unterschiedlich an Themen heran? Wie offen erleben Sie beide Seiten hinsichtlich Veränderungen?
NL: Mein Vater entspringt einer anderen Generation. Für uns war klar, dass wir ihn mit unseren neuen Ideen zunächst würden überzeugen müssen. Wir hatten sehr intensive und wertvolle Diskussionen, haben viel über den Mehrwert verschiedener Ansätze gesprochen. Wenn unser Vater von etwas überzeugt war, dann hat er uns mit voller Unterstützung laufen lassen. Es gab also keinerlei Blockaden, sondern vielmehr wirkliches Interesse und den Wunsch, informiert zu sein und Neues zu lernen. Diese Herangehensweise war für den Anfang wahnsinnig wichtig und ausschlaggebend für unseren erfolgreichen gemeinsamen Weg im Unternehmen.
Welche Unterschiede erleben Sie beim Thema Führung? Führen Frauen anders als Männer? Gibt es Generationsunterschiede?
AL: Führung ist ein sehr komplexes Thema und von unterschiedlichen Faktoren geprägt, aus meiner Sicht vor allem von den Komponenten Zeitgeist und Persönlichkeit. Ich kann für mich sprechen, dass ich großen Wert darauf lege, dass Führung sich durch das gesamte Unternehmen zieht und auch auf den nach uns folgenden Führungsebenen großer Entscheidungsspielraum verankert ist.
NL: Ich kann dem nur zustimmen. Das Thema Führung auf das Geschlecht zu reduzieren, halte ich für zu plakativ. Es sind vielmehr die einzelne Person und ihr individueller fachlicher und persönlicher Background sowie die Dynamik des Teams, die die Qualität von Führung bestimmen.
Unternehmensnachfolge ist ein komplexer und emotionaler Prozess.“ Alicia Lindner
Sie sind in der Kosmetikbranche tätig, die allgemein eine hohe Frauenquote aufweist. Wie stehen Sie dazu?
AL: Wir haben in unserem Unternehmen derzeit
eine Frauenquote von rund 70 Prozent, auf Führungsebene von rund 50 Prozent – und das ist nicht erst seit unserem Einstieg so. Diese Zahlen sind nicht aufgrund einer auferlegten Frauenquote entstanden, sondern dynamisch infolge der Expertise und Persönlichkeit der Bewerberinnen. Und das ist auch gut so!
Was möchten Sie anderen Töchtern und Söhnen raten, die eine Nachfolge im Familienunternehmen antreten?
NL: Erfahrungen und Fehler sollte man zunächst außerhalb des eigenen Unternehmens machen und sich dabei in einem Fachbereich so gut aufstellen, dass man als echter Experte einsteigt und das Unternehmen es am Ende kaum erwarten kann, bis man da ist. Gleichzeitig sind eine starke Verbundenheit mit dem Unternehmen und eine hohe Identifikation mit den Produkten natürlich enorm wichtig. AL: Zudem kann ich nur empfehlen, sich von extern begleiten zu lassen. Unternehmensnachfolge ist ein komplexer und emotionaler Prozess. Es lohnt sich, dafür eine Person mit objektivem Blick dazu zu holen.
Haben Sie auch einen Tipp an die Senior-Generation?
NL: Grundsätzlich sollte sich gerade die Senior-Generation mit Blick auf die Übergabe ein paar zentrale Fragen stellen: Will ich überhaupt aufhören? Wie gehe ich damit um, wenn meine Nachfolge etwas besser macht als ich? Nur wenn die nachfolgende Generation diese Fragen positiv beantworten kann, sind eine erfolgreiche Übergabe und ein gutes Ankommen der nächsten Generation nachhaltig möglich.
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